Pierre Frieden
Pierre Frieden ist der Sohn eines Winzers. Er besuchte die Grundschule in Mertert und das Gymnasium in Echternach (1905-1912). Anschließend studierte er Philosophie und Latein in Luxemburg, Freiburg (CH), Zürich, Genf und München (1912-1916) und war Herausgeber der Academia (1917-1920). Ab 1916 unterrichtete er Philosophie, Latein und Französisch in Esch/Alzette, ab 1919 in Diekirch, wo er zusammen mit Damian Kratzenberg die Schülerzeitung Le Collégien herausgab und die Studie Das französische Bildungswesen (Paderborn 1927) verfasste. 1929 wurde er mit der Leitung der Nationalbibliothek betraut. Nach dem Krieg nahm er dieses Amt wieder auf, leitete die Nationalbibliothek bis 1959 und gab nach 1946 unter Mitarbeit von Max Goergen die Bibliographie luxembourgeoise heraus. Ab 1932 bis zu seiner Enthebung im Oktober 1940 lehrte er Philosophie an den Cours supérieurs. 1942 wurde er wegen Protests gegen die Zwangsrekrutierung von der Gestapo festgenommen. Nach der Inhaftierung im Grund-Gefängnis und bis November 1942 im KZ Hinzert wurde er unter Hausarrest gestellt. Aus dieser Erfahrung heraus engagierte er sich nach eigenem Bekunden nach dem Zweiten Weltkrieg politisch in der christlich-sozialen Volkspartei. Er wurde Mitglied des Staatsrates und der Regierung, für die er zwischen 1944 und 1959 die Ministerien für Bildung, Kultur, Soziales, Wissenschaft, Gesundheit und Inneres innehatte. Als er starb, bekleidete er zugleich das Amt des Staatsministers.
Pierre Frieden setzt sich in deutscher und französischer Sprache mit Krieg und Frieden, Europa als kultureller und historischer Idee und dem Humanismus als Fundament der Erziehung auseinander. Ausgangspunkt des publizistischen und literarischen Werkes ist die Erfahrung Pierre Friedens im Konzentrationslager. In seinem autobiografischen Erinnerungsroman Fritz Endres - Erlebnisse aus Gefängnis und KZ schilderte er den Alltag im besetzten Land und die Abläufe von der Festnahme bis zur Inhaftierung. In einem weiteren Romanfragment Le Triomphe de la mort beschrieb er den illegalen Widerstand einer luxemburgischen Zelle. Die drei Romankapitel erschienen posthum in dem von Madeleine Frieden herausgegebenen Werk De la primauté du spirituel. Zwischen 1944 und 1946 gab er 17 Hefte der von ihm begründeten Reihe Cahiers du redressement-Schriften zum Wiederaufbau heraus, eine Sammlung von Essays und politisch-philosophischen Betrachtungen. In diesen fingierten Dialogen diskutieren ein Staatsmann, ein Philosoph und ein Theologe über Krieg und Frieden, die geistesgeschichtlichen Grundlagen des Nationalsozialismus, den Neuanfang nach Kriegsende, die europäische Perspektive und die neuen Erziehungsinhalte.
Der Europagedanke ist bei Pierre Frieden eng an die Wertevorstellungen des Humanismus gebunden (Die Geburt Europas aus dem Geiste des Humanismus 1953, Variations sur le thème humaniste et européen 1956). Daraus leitete Pierre Frieden in Neue Menschen (1945) und De la formation de l'homme (1962) konkrete Schlussfolgerungen für die Erziehung der Jugend ab. In Vorträgen an die Jugend sprach er von der Notwendigkeit einer politischen Einigung als Voraussetzung einer Verbreitung demokratischer Werte. Pierre Frieden plädierte für eine selbstbewusste nationale Identität im europäischen Kontext und hob die Eigenart der deutschfranzösischen Synthese in der Luxemburger Kultur hervor, die er unter dem Begriff der Schmelztiegelthese im Aufsatz Luxemburg, ein europäisches Experiment (1955) beschrieb. In diesem Sinne hatte er 1944 die Zeitschrift d'Hémecht – La Patrie mitgegründet.
Pierre Frieden schrieb literaturwissenschaftliche und philosophiegeschichtliche Studien wie Paul Bourget (1924). Er beschäftigte sich mit den Luxemburger Autoren Félix Thyes, Joseph Leydenbach, Jean Baptiste Esch, Mathias Tresch und Nik Welter und wies auf die Bedeutung und Wirkung einzelner Autoren und Philosophen wie Victor Hugo, Léon Bopp, Jacques Rivière und Auguste Comte für eine humanistische Gesellschaft hin. Pierre Frieden veröffentlichte zahlreiche Beiträge in den Zeitschriften Abendland, Internationale Zeitschrift für Erziehungswissenschaft und Hochland. Eine Auswahl der Vorträge und Aufsätze erschien im Sammelband De la primauté du spirituel (1960). Pierre Friedens Text Chant des Saisons wurde von Jean-Pierre Kemmer vertont.
Veröffentlichungen
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Jahr1918
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Titel Das ChaosJahr1944
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Titel Die Macht der IdeeJahr1944
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Jahr1945
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Titel Die Flucht vor GottJahr1945
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Jahr1945
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Titel Europa in Sicht?Jahr1945
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Jahr1945
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Jahr[1945]
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Jahr1945
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Titel Neue MenschenJahr1945
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Jahr1945
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Titel Perspectives d'avenirJahr1946
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Jahr1950
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Titel Méditations européennesJahr1952
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Jahr1953
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Jahr1956
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Jahr1958
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Jahr1960
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Jahr1962
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Titel Meditationen um den Menschen. Aus dem Nachlaß von Pierre Frieden. Texte in deutscher Sprache. Vol. 1Jahr1968
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Titel Meditationen um den Menschen. Aus dem Nachlaß von Pierre Frieden. Texte in deutscher Sprache. Vol. 2Jahr1984
Sonstige Mitarbeit
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Jahr1948
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der ZeitschriftenAbendland. dt. Monatshefte für europ. Kultur, Politik u. WirtschaftVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenAcademia. Mitteilungen aus dem Luxemburger Katholischen Akademiker-VereinVerwendete NamenPierre Frieden
P.F. -
Titel der ZeitschriftenArts et lettres. publication de la Section des arts et des lettres de l'Institut grand-ducalVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenCahiers du redressement = Schriften zum WiederaufbauVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenCahiers luxembourgeois (Les). revue libre des lettres, des sciences et des artsVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenClarté (L). Hebdomadaire politique et littéraireVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenCollégien (Le). Luxemburger SchülerzeitungVerwendete NamenPierre Frieden
P.F. -
Titel der ZeitschriftenGrive (La). Ardenne-Champagne-WallonieVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenHémecht / Ons Hémecht / 'T HémechtVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenHémecht (d') - La Patrie. Erausgi vun der Unio'n vun de Letzeburger Freihêtsorganisatio'nenVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenHochland. Monatsschrift für alle Gebiete des Wissens, der Literatur und KunstVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenInternationale Zeitschrift für Erziehungswissenschaft = International review of education = Revue internationale de pédagogieVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenJournal des professeursVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenLetzeburg. Blätter für nationales LebenVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenLuxemburger Wort / d'Wort / LWVerwendete Namen--- / - - -
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Titel der ZeitschriftenMarienkalender / Luxemburger Marienkalender / Lëtzebuerger PanoramaVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenPages de la SELF (Les)Verwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenRappel. Organ vun der L.P.P.D. = organe de la Ligue luxembourgeoise des prisonniers et déportés politiquesVerwendete NamenPierre Frieden
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Titel der ZeitschriftenRundschau (Die). [Kulturbeilage des Luxemburger Wort]Verwendete NamenPierre Frieden
Sekundärliteratur
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Autor(in) M.R. (Unbekannt)
Jahr1944 -
Autor(in) P.M. (Paul Muller)
Jahr1944 -
Autor(in) Erio (Pierre Grégoire)
Jahr1945
Auszeichnungen
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Jahr 1960
Mitgliedschaft
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Association des écrivains catholiques luxembourgeois
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SELF / S.E.L.F. - Société des écrivains luxembourgeois de langue française
Zitiernachweis:
Conter, Claude D./Sahl, Nicole: Pierre Frieden. Unter: , aktualisiert am 21.05.2024, zuletzt eingesehen am . -