Stéphane Ghislain Roussel
Der belgisch-luxemburgische Stéphane Ghislain Roussel besuchte die Grundschule und das Gymnasium an der École européenne de Luxembourg. Anschließend studierte er Musiktheorie und Geige am Konservatorium der Stadt Luxemburg (1992–1995), an den Königlichen Konservatorien Lüttich und Brüssel (1994–1995) sowie an der Guildhall School of Music and Drama in London (1995–1996). Seine akademische Laufbahn schloss er am Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris (1998–2001) mit der Arbeit La Main heureuse : symbole d’une époque et emblème de la rencontre entre Wassily Kandinsky et Arnold Schönberg ab.
Stéphane Roussel ist Autor, Regisseur, Dramaturg und Ausstellungskurator. Sowohl seine wissenschaftliche als auch seine kreative Arbeit ist durch Interdisziplinarität geprägt und befasst sich mit dem Verhältnis von Musik und darstellenden sowie bildenden Künsten. Dabei entfaltet sich zudem eine künstlerische, poetische, philosophische und politische Reflexion rund um die Frage der Körperlichkeit und die Aufmerksamkeit für natürliche Ökosysteme. Roussel hat fast zehn Jahre lang an der Universität Duisburg-Essen unterrichtet und zahlreiche Vorträge, Seminare und transdisziplinäre Programme organisiert, unter anderem an der École Supérieure d’Art de Lorraine (Metz) und der Accademia di Belle Arti in Neapel.
Seit 2007 ist Stéphane Roussel im Theaterbereich tätig. Als Dramaturg, künstlerischer Berater, Gestalter und Regisseur am Théâtre national de Bruxelles (2007–2008) und am Théâtre du Capitole in Toulouse (2008–2009) konzipierte er mehrere Projekte zu Fragen von Sein und Schein, die die Macht der Repräsentation hinterfragen. 2013 entwickelte er das von Guy de Maupassants Erzählung La Parure inspirierte Diamonds Are a Girl’s Best Friend–La Parure, das im Cercle Cité uraufgeführt wurde. Im selben Jahr schrieb und inszenierte er im Théâtre National du Luxembourg die Satire Golden Shower über den Erfolg und die Dekadenz einer Fernseh-Diva. 2016 inszenierte er ebenfalls im TNL Savannah Bay von Marguerite Duras sowie 2020 Nathalie Ronvaux’ Contraction_s im Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg.
Stéphane Roussel hat zwei Stücke in Form von Monologen geschrieben und publiziert. Monocle, portrait de S. von Harden (2010), wurde im wurde im TNL uraufgeführt und anschließend international wiederaufgenommen, unter anderem im Centre Pompidou Metz, im Musée d’Orsay in Paris, im Bozar in Brüssel und an der Volksbühne in Berlin. Das Stück gibt der deutschen Journalistin Sylvia von Harden eine Stimme und spielt mit den Elementen ihres 1926 von Otto Dix geschaffenen Porträts. Monocle erschien 2012 als zweisprachige Druckfassung auf Französisch und Deutsch. Der zweite Monolog, Luonnollisesti (Natürlich auf Finnisch), der 2024 im Escher Theater uraufgeführt wurde und im selben Jahr als Druckfassung erschien, inspiriert sich frei am Leben der Schauspielerin Marja-Leena Junker. Begleitet von einer Klangkreation von Émilie Mousset, interpretiert die Schauspielerin diesen Text, in dem nicht nur ihr Leben, sondern auch von finnischen und luxemburgischen Wäldern, den Lichtverhältnissen im Norden und Süden und dem Verhältnis zum Spiel erzählt wird.
Musik nimmt in Roussels Werk eine zentrale Rolle ein, da sie sowohl Thema als auch Mittel der Darstellung sein kann. Gemeinsam mit der Violoncellistin Julie Läderach entwickelte Stéphane Roussel AVc, le petit théâtre sonore et privé de Rebecca von Stahl (in memoriam Charlotte Moorman) (2012), die Serie (Fluxus) Variations in Time and Space (2015–2018), die die Wandlung einer Violoncellistin unter dem Einfluss der Fluxus-Bewegung und des Komponisten Nam June Paik nachvollzieht, sowie die plastische Installation Snowball (2019–2021). 2013 gestaltete er Visual Music, eine Performance über das Zusammenspiel von Musik, bildender Kunst und Literatur, bei der Roussel selbst als Erzähler auftrat und die in Kooperation mit dem Orchestre de chambre de Luxembourg im Mudam uraufgeführt wurde. 2016 konzipierte er das Musical-Theaterstück für Streichquartett Le Cri du lustre, das in der Opéra National de Bordeaux und in den Rotondes in Luxemburg aufgeführt wurde. 2019 fand in den Rotondes in Luxemburg und im Arsenal in Metz die Performance Drawing on Steve Reich statt, bei der die auf dem Konzept der Phasenverschiebung basierende Musik des Komponisten Steve Reich im Mittelpunkt steht. An der Performance, die sich als synästhetische Reise versteht und vom Ensemble United Instruments of Lucilin begleitet wurde, nahmen auch Kinder teil.
Inspiriert vom Konzept des Gesamtkunstwerks und geleitet von seinem Interesse an der Oper, inszenierte Stéphane Roussel im Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg die Oper Wonderful Deluxe (rêves et futilités d’une idole) (2016) auf eine Musik von Brice Pauset und ein Libretto von Youness Anzane. 2017 arbeitete er für das Musical-Theaterstück La Voce è mobile erneut mit Youness Anzane zusammen. Uraufgeführt im Kinneksbond in Mamer, setzt sich das Stück aus Auszügen aus dem Opernrepertoire zusammen und unterwandert die Codes des Genres, indem der Gesang sich sowohl dramatischer als auch humoristischer und poppiger Tonlagen bedient. 2018 assistierte Stéphane Roussel dem kanadischen Regisseur Robert Carsen bei der Inszenierung von The Beggar’s Opera im Glasshill Studio in London und im Bouffes du Nord in Paris. Das Operndiptychon Zu unseren Schwestern, zu unseren Brüdern, das 2022 im Plenarsaal des Europaparlaments sowie im Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg präsentiert wurde, führte zur Welturaufführung der Oper En vertu de… von Eugene Bierman. Für letztere konzipierte Roussel ein Begleitheft, das auf der europäischen Menschenrechtskonvention und auf der Oper Der Kaiser von Atlantis von Viktor Ullman basiert.
Der Autor ist auch im Bereich der visuellen Kunst tätig: In der gefilmten Performance Papesse (2021), die auf der Basis eines Textes der Philosophin Émilie Hache entwickelt wurde, verkörpert die Schauspielerin Sophie Langevin die Päpstin Johanna (9. Jahrhundert).
Er hat für verschiedene europäische Museen gearbeitet, unter anderem als Co-Kurator und Forschungsbeauftragter für das Musée de la musique, das Musée du Louvre und das Centre Georges Pompidou in Paris. Als Kurator beziehungsweise Co-Kurator gestaltete er die Ausstellungen Ne me touche pas (2004) in der Villa Vauban in Luxembourg und Arnold Schönberg. Visions et regards (2010) im Musée des abattoirs de Toulouse. 2019 konzipierte er die Ausstellung Opéra Monde im Centre Pompidou Metz, die sich mit dem Verhältnis von Oper und bildender Kunst im 20. und 21. Jahrhundert befasst. Er ist Herausgeber der im Rahmen dieser Projekte entstandenen Publikationen und wirkte zudem am Ausstellungskatalog William Kentridge, un poème qui n’est pas le nôtre (Paris, 2020) mit.
Stéphane Roussel widmet sich zudem in einigen Publikationen den zentralen Themen seines künstlerischen Werks. Gemeinsam mit Patrick Scemama gab er den Sammelband L’Opéra au XXe siècle (Paris, 2007) heraus und er verfasste Beiträge für die Encyclopédie Wagner (Arles, 2010), für Jouer le jeu. De l’autre côté du théâtre belge (Lüttich, 2009) sowie Erënnerungsraim (Walferdange, 2013), Quo vadis Europa? (Walferdange, 2015) und WaterWalls (Esch-Sauer, 2021). Stéphane Roussel war Korrespondent für die Wochenzeitung d'Lëtzebuerger Land.
2012 gründete er die "Compagnie Ghislain Roussel", die 2019 in "Projeten" umbenannt wurde. Diese Struktur dient sowohl der Umsetzung verschiedener Kunstprojekte als auch der Aktivität von Kollektiven, wie z.B. "Nous sommes les vampires du capitalisme", das sich bei szenischen Lesungen und Tagungen mit den Auswirkungen und Mechanismen des Kapitalismus befasst.
Stéphane Roussel nimmt regelmäßig an Residenzprogrammen teil, so zum Beispiel im Rahmen der Académie du festival d’art lyrique d‘Aix-en-Provence (2018), im Teatro Stabile d’Innovazione Galleria Toledo in Neapel (2022) oder im Atelier der Casa Raffaello in Urbino (2024). 2020 war er der erste Stipendiat der luxemburgischen Résidence de recherche et de création pour auteurs, dramaturges, illustrateurs, scénaristes in der Academia Belgica in Rom.
Veröffentlichungen
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Jahr2012
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Jahr2024
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Jahr2024
Übersetzungen
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Sprache FRE DEU
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der ZeitschriftenLëtzebuerger Land (d') / d'Letzeburger Land / LL. unabhängige Wochenschrift für Politik, Wirtschaft und KulturVerwendete NamenStéphane Ghislain Roussel
Sekundärliteratur
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Autor(in) Stéphane Gilbart
Jahr2010 -
Autor(in) Susanne Schirdewahn
Jahr2011 -
Autor(in) Claude Kohnen
Jahr2011
Auszeichnungen
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Name Academia BelgicaJahr 2020
Archiv
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CNL L-332
Weblinks
Fotogalerie
Zitiernachweis:
Jehin, Ludivine: Stéphane Ghislain Roussel. Unter: , aktualisiert am 06.08.2024, zuletzt eingesehen am . -