Lucien Koenig
Da Lucien Koenigs Mutter ein Jahr nach seiner Geburt starb und sein Vater 1891 nach Amerika auswanderte, wuchs er bei seiner Großmutter auf. Nach ihrem Tod wurde er 1900 von der Familie Wercollier-Koenig aufgenommen, die ihm den Spitznamen Siggy gab. Diese Lebensumstände erklären Lucien Koenigs späteren Einsatz für Luxemburger Waisenkinder. So war er 1919 Mitbegründer, Sekretär und Kassierer des Letzeburger Wésekannerwirk. 1894 bis 1900 besuchte Lucien Koenig die Primärschule in Luxemburg, anschließend das Athenäum. Er gründete 1907 als Primaner die Theatergruppe Confédération estudiantine, für die er sein erstes Stück Domitian schrieb. Lucien Koenig studierte Philologie an den Universitäten Berlin und Paris. Er unterrichtete Latein und Deutsch am Athenäum, an der Industrieschule in Esch/Alzette, am Gymnasium in Echternach und ab 1919 an der Industrie- und Handelsschule in Luxemburg. Er war in Habitus und Sprache eine auffallende Figur. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er im Mai 1941 vom Dienst enthoben und nach Koblenz dienstverpflichtet. 1943 wurde er mit seiner Frau und seinen zwei jüngsten Kindern nach Aussig-Schreckenstein an die böhmisch-deutsche Grenze, später nach Juppendorf an die polnische Grenze deportiert. Im April 1945 wurde Lucien Koenig in Niederschelden (Siegen) von den Amerikanern befreit und nach Luxemburg zurückgeführt. Nach dem Krieg begann Lucien Koenigs politische Karriere als Mitbegründer des Parti Democratique et Patriotique, als Mitglied des Gemeinderats (1945), als Schöffe (1950-1961) und diensttuender Bürgermeister der Stadt Luxemburg (1959). Von 1951 bis 1961 war Lucien Koenig Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender (1954-1955) im Europarat. Lucien Koenig ist der Großvater von Guy Koenig.
Lucien Koenig spielte zeit seines Lebens eine wichtige Rolle im Bereich der öffentlichen Auseinandersetzung über Fragen der nationalen Ausrichtung. So gründete er im August 1910, unter dem Einfluss des in Europa sich ausweitenden Nationalismus eines Maurice Barrès und Charles Maurras, zusammen mit seinen Pariser Kommilitonen Alphonse Bervard und dem späteren Anwalt Paul Besch die Letzeburger Nationalunio'n, deren Vereinsorgan unter den Titeln De Jongletzeburger (1911), Jongletzeburg und D'Natio'n (1919-1925) erschien. Ziel der nationalistischen Vereinigung, einer Art patriotischen Liga, war die Bewusstmachung eines Luxemburger Nationalgefühls und die Stärkung dieser Identität im Kampf gegen den deutschen Einfluss, indem Lucien Koenig die Luxemburger Sprache als Grundelement des Zusammenhalts hervorhob. Ab November 1918 sprachen sich Lucien Koenig und die Nationalunio'n öffentlich gegen eine Annexion an Belgien oder Frankreich aus.
In der Nationalunio'n zeichneten sich zwei Tendenzen von Anfang an ab: die Verfolgung literarisch-kultureller Ziele und die politische Aktion. Letztere wurde zwischen 1919 und 1939 von Lucien Koenig in den Vordergrund gestellt und führte zu politisch-nationalistischen Vorstellungen, die er lange Zeit als Hauptredakteur der Zeitschrift D'Natio'n vertreten konnte. Die Nationalunio'n selbst bestand in Luxemburg-Stadt bis 1949. Die Petinger Sektion unter dem Vorsitz von Hary Reiter ging 1982 in der Actioun Lëtzebuergesch auf. Für die Entwicklung der luxemburgischen Literatur wichtiger war der literarisch-kulturell ausgerichtete Flügel der Nationalunio'n, um den sich Lucien Koenig in späteren Jahren bemühte und der unter seinem Impuls sich zu der Vereinigung Jongletzeburger Dichter zusammenschloss, die meistenteils auf Distanz zu Lucien Koenigs nationalpolitischen Ideen blieb. Nach dem Ersten Weltkrieg plante Lucien Koenig ein Luxemburger Nationalinstitut für Literaturpreise und gründete die Akademie vu Letzeburg, deren Präsident er wurde und deren Zeitschrift den Titel De Letzeburger Parnass trug. In diesem Zusammenhang ist Lucien Koenigs Begeisterung für Johann den Blinden zu sehen. Schon 1919 setzte er sich für die Überführung seiner sterblichen Überreste nach Luxemburg ein, die schließlich im August 1946 erfolgte.
Lucien Koenig hinterließ über 1000 Texte, darunter mehr als 40 selbständige Publikationen. Sein dramatisches Œuvre umfasst patriotische Stücke, Possen und Lustspiele mit präzisem Blick für die Realitäten des Alltags. In seiner Prosa werden Welt und Menschen scharf beobachtet. Der autobiografisch inspirierte Roman Ketten, der 1926 mit dem Literaturpreis des Letzeburger Nationalinstitut ausgezeichnet wurde, ist der erste Roman des Autors und der zweite luxemburgischsprachige Roman überhaupt, nach D'Kerfegsblo'm von Adolf Berens. Der Text schildert die Erlebnisse des jungen Intellektuellen, Schriftstellers und Leiters der Patriote'liga Stasy Stirmer; diese Figur ist unschwer als Alter ego des Autors, die Vereinigung als literarisches Spiegelbild der Nationalunio’n zu erkennen. Lucilinburhuc mit seinen 12 020 Versen in Hexametern und 20 Gesängen ist ein Epos, das sich durch große Gelehrsamkeit auszeichnet. Lucien Koenig, der sich eine Nation ohne Nationalepos nicht vorstellen konnte, arbeitete fünfzehn Jahre an diesem Werk, das den nationalsozialistischen Theorien entgegenstehen sollte. Auf dem Wege zu einer Grammatik der Luxemburger Mundart. Ein Beitrag zur Geschichte der Luxemburger Dialektliteratur (1928) stellt einen Beitrag Lucien Koenigs zur Erneuerung der Orthografie dar. Daneben lieferte er mit vielen seiner Gedichte die Vorlage für Vertonungen. 28 Luxemburger Komponisten, u. a. Lou Koster, Alfred Kowalsky, Helen Buchholtz, Julien Hoffmann, Norbert Hoffmann, Michel Hülsemann und Jean-Pierre Schmit, befassten sich mit über 80 seiner Texte, so z. B. U Letzeburg!, 1915 vertont von Jean-Pierre Beicht, und Pro Patria!, 1927 vertont von Fernand Mertens.
Als Professor, Dichter, Politiker und Patriot versuchte Lucien Koenig Dichtung und Handeln auf einen Nenner zu bringen. 1987 wurde eine von Lucien Wercollier geschaffene Büste von Lucien Koenig im Park der Stadt Luxemburg eingeweiht. In der jüngsten Forschung wurde der Blick auf Lucien Koenig als patriotisches Vorbild und großer Heimatdichter relativiert durch Hinweis auf zeittypische Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in seinem Werk.
Veröffentlichungen
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Jahr1907
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Titel U Letzeburg! HymnJahr1909
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Titel Grǒwenǐrz. GedichterJahr1913
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Titel Stûrm. Lider a GedichterJahr1917
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Titel Kritik vum "Sturm"Jahr[1918]
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Titel Menschekanner. NovelleJahr1918
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Jahr1919
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Jahr1920
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Jahr1925
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Jahr1926
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Jahr1927
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Jahr1927
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Jahr1928
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Titel Ketten. Roman.Jahr1928-1929
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Jahr1929
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Jahr[1931]
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Jahr1933
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Jahr1934
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Jahr1935
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Titel D'Melusina-So. Kannerszén aus dem folkloristeschen Theaterstéck an 3 Akten. Letzeburg fir emmer!Jahr[1937]
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Jahr1946
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Jahr1947
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Jahr1947
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Jahr1947
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Jahr1947-1949
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Jahr1948
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Jahr1948
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Jahr1948
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Jahr1950
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Jahr1951
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Jahr1955
Sonstige Mitarbeit
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Jahr[1945]
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der ZeitschriftenAn der Ucht. Letzeburger FamiljekalennerVerwendete NamenSiggy vu Letzeburg
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Titel der ZeitschriftenCahiers luxembourgeois (Les). revue libre des lettres, des sciences et des artsVerwendete NamenLucien Koenig
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Titel der ZeitschriftenEis Sprooch (Eis Sprooch). Veräinsblaat fir alles waat lëtzebuurgesch assVerwendete NamenLucien Koenig
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Titel der ZeitschriftenHémecht (d') - La Patrie. Erausgi vun der Unio'n vun de Letzeburger Freihêtsorganisatio'nenVerwendete NamenLucien Koenig
S.v.L. -
Titel der ZeitschriftenJongletzeburg. Organ vun der Letzeburger National-Unio'nVerwendete NamenLucien Koenig
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Titel der ZeitschriftenLetzeburger Parnass. Korrespondenzblad vun der "Akademie vu Letzeburg"Verwendete NamenLucien Koenig
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Titel der ZeitschriftenLuxemburger Volksblatt (1933-1941). Unabhängige TageszeitungVerwendete NamenLucien Koenig
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Titel der ZeitschriftenNatio'n (D'). Nationalistesch Revue / RewüVerwendete NamenS.
Lucien Koenig
Indutiomar
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Y.N. -
Titel der ZeitschriftenNationalist (De)Verwendete NamenLucien Koenig
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Titel der ZeitschriftenNeue Luxemburger Kalender (Der). Eine Publikation von Tony JungblutVerwendete NamenS.v.L.
Siggy vu Letzeburg -
Titel der ZeitschriftenRappel. Organ vun der L.P.P.D. = organe de la Ligue luxembourgeoise des prisonniers et déportés politiquesVerwendete NamenLucien Koenig
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Titel der ZeitschriftenZeitung für kleine LeuteVerwendete NamenLucien Koenig
Sekundärliteratur
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Autor(in) Martin Blum
Jahr1899-1913 -
Autor(in) Criton
Jahr1913 -
Autor(in) W.L. (Unbekannt)
Jahr1913
Auszeichnungen
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Jahr 1926
Mitgliedschaft
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Akademie vu Letzeburg (1912-1916)
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Hémechtssprôch / Heemechtssprooch
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Jongletzeburg
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Jongletzeburger Dichter
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Luxemburgische Sprachgesellschaft (1924-35)
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Nationalinstitut Letzeburg (1922-1927)
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Nationalistescht Institut (1919-1922)
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Nationalunio'n - Letzeburger Nationalunio'n
Archiv
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CNL L-022
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BnL Ms 426, 820
Fotogalerie
Zitiernachweis:
Mannes, Gast: Lucien Koenig. Unter: , aktualisiert am 11.11.2024, zuletzt eingesehen am . -