Jean Back
Jean Back ist der Vater von Michelle Back. Er verbrachte seine Kindheit in Düdelingen. Nach dem Abitur am Lycée de garçons in Esch/Alzette trat er in den Dienst des Familien-, dann des Kulturministeriums. Er war maßgeblich am Konzept des Centre national de l’audiovisuel in Düdelingen beteiligt, das er als Gründungsdirektor von 1989 bis Ende 2015 leitete.
Jean Back ist gleichermaßen an Fotografie und Literatur interessiert. 1990 trat er in Düdelingen mit der Fotoausstellung Lieux et portraits du bassin minier in Erscheinung.
Literarisch gilt seine Vorliebe dem Roman und der Kurzgeschichte. 2003 erschien der Roman Wollékestol, eine Hommage an seine Heimatstadt Düdelingen, wobei die eigene Kindheit als Grundlage für ein komplex montiertes Gegeneinander von Autobiografischem und Fiktionalem dient. Dieselbe Technik liegt auch der Novelle Amateur (2009) zugrunde, welche die überarbeitete und erweiterte Form einer von Gaston Rollinger 1971 im Lycée de garçons Esch/Alzette aufgegebenen Schülerarbeit ist und vor dem Hintergrund der Schülerunruhen und des Schülerstreiks von 1971 spielt. Amateur ist ins Tschechische, Ungarische, Bulgarische, Mazedonische, Albanische, Serbische und Portugiesische übersetzt worden.
Im Mittelpunkt von Trakl Blues (2017) steht der Amateurfilm Die junge Magd, den eine Gruppe jugendlicher Filmamateure in den 1970er Jahren nach der Vorlage der Ballade Die junge Magd des österreichischen Autors Georg Trakl gedreht und in Luxemburg und Salzburg gezeigt hat. Auf zwei ineinander verschränkten Zeitebenen werden die Entstehungsgeschichte des Films und der Besuch von Salzburg und der Trakl-Gedenkstätte 2015, dem Jahr der großen Flüchtlingsströme nach Europa, gegeneinander montiert. Dem Buch beigelegt ist eine DVD des restaurierten und mit neuer Filmmusik von Jean Backs Sohn Pierre unterlegten Films.
L’Arc di Marianna (2020) erzählt in der Form eines Entwicklungsromans entlang der wichtigen zeithistorischen Ereignisse und gespickt mit Details zum politischen und kulturellen Hintergrund Friauls und Luxemburgs, die Geschichte der Arbeitsmigration des Cosimo aus dem Friaul, der den familieneigenen Schweinezuchtbetrieb, verlässt, um sich als Polierer zu verwirklichen und der sich nach einer mehrere Stationen umfassenden Odyssee eine neue Existenz in Luxemburg aufbaut. Dort wird er konfrontiert mit der Tatsache, dass die damalige Freundin Marianna entgegen der offiziellen Version bei dem Erdbeben von 1976 nicht umgekommen ist und ihr Sohn in Luxemburg als Bauingenieur arbeitet. Enttäuschung und Trauer werden durch denWunsch und die Bereitschaft zur Integration in ein neues, multikulturell geprägtes Umfeld und die Teilhabe am kulturellen Leben überwunden. Als Beilage zum Roman gibt es den Text des avantgardistischen, sich auf Modest Mussorgskis Komposition Bilder einer Ausstellung beziehenden Theaterstücks Bilder einer Ausstellung revisited, das Cosimo mit seinen Freunden besucht hat. Auf der Vorlage von Jean Backs Text wurden die von Mussorgsky visierten Bilder von Schülern und Schülerinnen des Lycée des arts et métiers fotografisch neuinterpretiert und in der Ausstellung What’s in your eyes im Merscher Kulturhaus vorgestellt. Vor diesem Hintergrund wurden Führungen angeboten, in denen Jean Backs Text und Mussorgskys Musik sich abwechselten und ergänzten.
Daneben hat Jean Back mehrere Bände mit Kurzgeschichten und Erzählungen herausgegeben. Den drei Erzählungen in Wéi Dag a Nuecht (2012), sowie den umfangreicheren Erzählungen Karamell (2014) und Iesel (2017) gemeinsam ist, dass sie Menschen auf der sie gefährdenden Suche nach Identität darstellen und dabei Gefahr laufen, ein Borderline-Syndrom zu entwickeln. So gerät der Protagonist aus Karamell, Jip Portonigro, der Adoptivsohn eines Bergarbeiters aus Tetingen, aus dem Gleichgewicht, als er sich auf die vergebliche Suche nach seinen leiblichen Eltern in der Schweiz macht und von seiner verwitweten Schwester, mit der er als Jugendlicher ein Liebesverhältnis eingegangen ist, abgewiesen wird. Der Broker Till in Iesel wird mit seiner unkontrollierbaren Gewaltbereitschaft konfrontiert, die sein auf der Oberfläche erfolgreiches und geordnetes Leben ins Wanken bringt.
Zalto mortale (2015) enthält drei Bühnenmonologe, die das Schicksal einsamer, skurriler und am Leben scheiternder Zeitgenossen schildern. Hinter dem Schicksal eines suizidwilligen Lebensmittelhändlers, der auf Armprothesen angewiesen ist, eines Taxidermisten, dem über seiner Tätigkeit als Tierpräparator der Blick auf das reale Leben abhandengekommen ist, und eines Lastkraftwagenfahrers, der gegen das Alleinsein mit einem mitgeführten Hummer in einem Einmachglas ankämpft, werden gesellschaftliche Probleme wie Behinderung, Flüchtlingsfrage, Ausbeutung am Arbeitsplatz und Radikalisierung arbeitsloser Jugendlichen offen gelegt.
In dem Band Kreuz und mehr (2018)hat Jean Back Erinnerungen an seine Reisen in sechs verschiedene Länder u. a. nach Porto, Berlin, Italien, Mazedonien und Albanien zusammengetragen. Konstitutiv ist eine Mischung von tatsächlich Erlebtem und Fiktionalem, die Beschreibungen fremder Kulturen und die Rückvergewisserung der eigenen Position. Im Kontrast dazu steht das Weihnachtsmärchen für Erwachsene Liebe Akira. Es schildert die Selbstfindung des Escher Metzgersohnes Ingo, der nach einem Unfall sein zerstörtes Gesicht unter Mullbinden versteckt und sich, unterstützt von Akira, der Heilkunst einer japanischen Schamanin anvertraut.
De Schapp beim Wal (2020) beschreibt den aussichtslosen Kampf eines gescheiterten Schauspielers, der sich in einem heruntergekommenen Schuppen am Rand eines Waldes eine kleine Idylle geschaffen hat und sich beweisen will, dass er zu Großem fähig ist, indem er gegen die Bagger und Bulldozer einer Baufirma kämpft, die dort eine Bauschuttdeponie anlegen wird. In seinen Omnipotenzphantasien verteidigt er sein Refugium, indem er mit einem Bulldozer Gesteinsbrocken auf die Schienen der daran vorbeiführenden TGV Linie Luxemburg-Paris wirft und den Zugverkehr lahmlegt. Eingeschoben in den Text sind Schwarz-weiß-Fotografien der Landschaft und des real existierenden Schuppens von Jean Back.
Nuebelschnéier (2023) enthält Texte, die auf diffuse, befriedigende, schwierige oder schmerzhafte Gefühle und Erinnerungen verweisen, die trotz zeitlicher oder räumlicher Distanz nicht zu verdrängen sind. So sehnt sich ein Siebenjähriger in die Psychiatrie abgeschobener Junge nach der Zuneigung der Mutter, obschon diese ihre mütterlichen Pflichten vernachlässigt und sich der Kindesmisshandlung schuldig gemacht hat. Angesichts einer dunkelhäutigen Pflegekraft kann eine alte Dame im Altersheim sich der Erinnerung an die lange Zeit verschwiegene Beziehung zu einem schwarzen Sänger nicht mehr entziehen. Ausgelöst durch den Tod einer wichtigen Bezugsperson, begibt sich ein anderer Protagonist auf eine der Selbstvergewisserung dienende Reise an Orte und zu Personen, die in der eigenen Vergangenheit eine prägende Rolle gespielt haben.
Jean Back ist seit 2018 Mitglied des Institut grand-ducal-Section des arts et des lettres. Amateur wurde 2010 mit dem European Prize for Literature ausgezeichnet. 2018 wurde Back ex aequo mit Gast Groeber mit dem Preis des Europäischen Parlaments für seine Kurzgeschichte European Cloud ausgezeichnet. 2019 erhielt er den Prix culturel der Stadt Düdelingen und nahm im gleichen Jahr mit Anja Di Bartolomeo die Walfer Autorenresidenz wahr. Jean Back war Mitglied des Lëtzebuerger Schrëftstellerverbandes LSV bis zu seiner Auflösung im Jahr 2016. Er ist Gründungsmitglied des 2020 gegründeten Schriftstellerverbandes A:LL Schrëftsteller*innen.
Veröffentlichungen
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Titel Wollékestol. RomanJahr2003
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Jahr2007
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Titel Amateur. Novelle.Jahr2009
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Jahr2012
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Titel Karamell. ErzielungJahr2014
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Jahr2015
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Titel Iesel. ErzielungJahr2017
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Jahr2017
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Jahr2018
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Titel De Schapp beim WalJahr2020
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Titel L'arc di Marianna. RomanJahr2020
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Jahr2023
Übersetzungen
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Sprache CZE
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Sprache RUP
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Titel Amatori. [Albanisch]Sprache ALB
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Sprache HUN
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Sprache GRC
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Sprache SRP
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Sprache BUL
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der ZeitschriftenCahiers luxembourgeois (Les). revue libre des lettres, des sciences et des artsVerwendete NamenJean Back
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Titel der ZeitschriftenGalerie. Revue culturelle et pédagogiqueVerwendete NamenJean Back
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Titel der Zeitschriftennos cahiers. Lëtzebuerger Zäitschrëft fir KulturVerwendete NamenJean Back
Sekundärliteratur
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Autor(in) Cornel Meder
Jahr2003 -
Autor(in) Jeff Baden
Jahr2003 -
Autor(in) Michel Raus
Jahr2003
Auszeichnungen
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Jahr 2010
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Jahr 2019
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Jahr 2019
Mitgliedschaft
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A:LL Schrëftsteller*innen
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Institut grand-ducal Section des arts et des lettres
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LSV - Lëtzebuerger Schrëftstellerverband [1986-2016]
Weblinks
Fotogalerie
Zitiernachweis:
Goetzinger, Germaine: Jean Back. Unter: , aktualisiert am 19.01.2024, zuletzt eingesehen am . -