Carla Lucarelli
Carla Lucarelli absolvierte ihre Grundschule von 1974 bis 1980 in Tetingen und ihr Gymnasium von 1980 bis 1987 im Lycée Hubert Clement in Esch/Alzette. Darauf folgte ein Jahr Jurastudium an der Universität von Perugia ehe sie nach Luxemburg zurückkehrte, um ein Jahr lang Französisch und Italienisch am Cours universitaire in Luxemburg zu studieren. Ihre akademische Laufbahn setzte sie an der Universität in Straßburg fort, wo sie von 1989 bis 1992 Kurse in französischer Philologie und Kunstgeschichte belegte. Danach folgte eine Karriere als Gymnasiallehrerin im Fach Französisch, zuerst im Lycée Hubert Clement, dann im Lycée technique d’Esch-sur-Alzette und schließlich im Lycée de garçons, ebenfalls in Esch. 1994 schrieb sie die Abschlussarbeit ihres pädagogischen Praktikums: Autour de "Jacques le fataliste". De "Jacques le fataliste" de Denis Diderot à "Jacques et son maître" de Milan Kundera.
Neben dem Unterricht ist Carla Lucarelli auch im Theaterbereich aktiv, manchmal gleichzeitig als Schauspielerin, Regisseurin und Theaterautorin. Sie nahm französisches Stimm- und Sprechtraining und Schauspielkurse am hauptstädtischen Konservatorium, belegte aber auch Weiterbildungen in Sachen Theater und Inszenierung, unter anderem am Theater an der Ruhr in Mülheim. Carla Lucarelli zeichnete verantwortlich für das Theaterstück Zwei Schwestern. Fragmente einer Verwandtschaftsgeschichte, welches 2011 beim Stückemarkt im Merscher Literaturarchiv aufgeführt wurde. Bereits 2009 schrieb, inszenierte und spielte sie zusammen mit der deutschen Schauspielerin Elisabeth Brück im Saarbrücker Theater im Viertel das Stück Männer plus minus, das die Beziehungen zwischen Mann und Frau erforscht. Darüber hinaus übernahm Carla Lucarelli eine Rolle im Kurzfilm von Paul Heintz und Pierre Hilpert Hommage à l’oie qu’on gave (2009). Sie war außerdem in der Rolle der Elisabeth in der Luxemburger Sitcom Comeback (2012-2013) zu sehen, die auf RTL Luxemburg ausgestrahlt wurde.
Zudem widmet sich Carla Lucarelli der Lyrik. Sie veröffentlichte zunächst fünf Gedichte in der Anthologie La Poésie érotique féminine française contemporaine (Paris, 2011). 2012 erschien Aquatiques, ein Lyrikband der in drei Teile gegliedert ist. Die Autorin lässt hier verschiedenen intimen Eindrücken, Empfindungen und Gedankengängen freien Lauf. 2016 veröffentlichte sie Dekagonon, einen zweisprachigen (deutsch und französisch) Lyrikband in zwei Teilen, die jeweils in fünf Unterteile gegliedert sind, die jeder wiederum fünf Gedichte beinhalten, die meist gattungsbezeichnende Titel, wie etwa « Haïku libre » und « Quatrain » sowie « Vierzeiler » und « Lyrikfetzen », tragen. Die sehr strukturierte Folge von Gedichten, die sich von der extremen Knappheit des Haiku und den formalen Einschränkungen des Vierzeilers bis hin zur Flexibilität des Prosagedichtes bewegt, ermöglicht es der Autorin, Momente der Unentschlossenheit und der Unsicherheit zu erfassen, in denen sie sich mit körperlichen Empfindungen, der Stille oder der Registrierung von Gefühlen, zuweilen mit Humor, zuweilen mittels Variationen befasst.
salztage + zurück (2024) ist ihr erster Lyrikband in deutscher Sprache. Drei Jahreszeiten (Sommer, Herbst, Winter) prägen das Buch, Naturelemente (Bäume, Laub, Gräser...) rufen Farben, Bilder und Empfindungen hervor. Ein zweifelnder Bewusstseinsstrom oszilliert zwischen Fremdheit und Durchlässigkeit gegenüber seiner Umgebung – umliegende Landschaften, wie ein Garten oder ein Park, oder weiter entferntere, wenn es darum geht, ein gespenstisches, von Kriegen überschattetes „Mitteleuropa“ zu durchstreifen, das von toten Schriftstellern und ihren vergessenen Ehefrauen bewohnt wird. Metaphorische Verbindungen zwischen der Tier-, Pflanzen- und Menschenwelt und assoziative Einschübe, die mit Hilfe des Pluszeichens erzeugt werden, kennzeichnen das Schreiben. Illustrationen von Florence Hoffmann begleiten die Gedichte.
Carla Lucarelli veröffentlicht auch Prosatexte. 2013 erschienen sowohl Terrains vagues, ein Band mit 22 Kurzgeschichten, als auch ihr erster Roman Carapaces. Diese abwechslungsreiche Geschichte erzählt z.B. aus unterschiedlichen und wechselnden Blickwinkeln die Schicksale einer jungen Ausreißerin, eines politisch linksgerichteten Studenten sowie eines Insektensammlers mit Mordgelüsten. 2017 erschien La Disparition de Wanda B, ein Roman um eine Frau, die sich selbst in ihrem Leben fremd fühlt und ihren Status als Anwältin, Ex-Frau und Mutter verlässt, um eine Reise zu beginnen, die sie, von Zufallsbegegnungen bestimmt, von Schweden nach Indien führt, wo sie unter dem Namen Wanda Berg eine neue Existenz beginnt. Parallel zu ihrer existentiellen Suche wird die verwirrte Protagonistin, in Kapiteln, in denen Perspektive und Erzählerstimme alternieren, zugleich Opfer und Täterin in diversen Ermittlungen. Ihr Deckname sowie ihr Aussehen und ihre ungreifbare Persönlichkeit erinnern an den Roadmovie Wanda (1970) von Barbara Loden. Der Band Enfance, instantané (2020) enthält drei kurze, autobiografisch inspirierte Erzählungen, die eine Kindheit in den 1970er Jahren sowie Fragen nach der Identität im Zusammenhang einer italienischen, nach Luxemburg emigrierten Familie thematisieren. Anhand fragmentarischer Porträts ihres Vaters und ihrer Großmutter, aber auch vieler weiterer weiblichen Figuren (Mutter, Freundin, Lehrerin, Friseurin …), die große Bewunderung oder auch offenen Abscheu hervorrufen, lässt Carla Lucarelli, ohne Rücksicht auf die Linearität, Bilder eines bald fotografischen, bald emotionalen Gedächtnisses aufscheinen, die sich miteinander verweben. In der Kurzgeschichtensammlung Chantiers du désir (2022) werden fünfzehn Figuren von innerer Erosion, Erschöpfung, Zweifel und der Unwirklichkeit ihres Lebens erfasst. Ihre jeweiligen inneren Monologe offenbaren familiäre, soziale, emotionale und phantasierte Brüche sowie Schicksale, denen die Figuren zu entrinnen versuchen, die aber im Schwebezustand des Unvollendeten bleiben.
Beiträge der Autorin erschienen des Weiteren in forum, kulturissimo, Galerie und in mehreren Online-Zeitschriften, wie zum Beispiel Mouvances, À la dérive und Des rails sowie in den Sammelbänden Erënnerungsraim (2013), Quo vadis Europa? (2015) der Walfer Büchertage, Impossible readings/Lecture impossible (2016) oder Diaristes du Luxembourg (2022). Seit 2016 reichert sie ihren persönlichen Blog mit Einträgen an. Carla Lucarelli beteiligte sich des Weiteren an Lesungen mit Luc Spada und Lambert Schlechter.
Im Rahmen von Esch2022 verfasste sie gemeinsam mit Gilles Ortlieb das Begleitheft für das Chor- und Orchesterstück Les Voix des Terres rouges, das von Catherine Kontz komponiert wurde.
Carla Lucarelli wurde mehrmals beim Concours littéraire national ausgezeichnet, 2011 mit einer speziellen Auszeichnung und 2012 mit dem 3. Preis, ex aequo mit Gast Groeber.
Veröffentlichungen
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Jahr2012
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Titel Carapaces. RomanJahr2013
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Jahr2013
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Jahr2016
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Jahr2017
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Titel Enfance, instantanésJahr2020
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Jahr2022
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Titel salztage + zurückJahr2024
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der Zeitschriftenforum. fir kritesch Informatioun iwer Politik, Kultur a ReliounVerwendete NamenCarla Lucarelli
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Titel der ZeitschriftenGalerie. Revue culturelle et pédagogiqueVerwendete NamenCarla Lucarelli
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Titel der Zeitschriftenkulturissimo. mensuel culturel et socio-politiqueVerwendete NamenCarla Lucarelli
Sekundärliteratur
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Titel Aphinités (s)électives [Nathalie Ronvaux/Carla Lucarelli], In: Livres-Bücher juillet-août 2012, p. 8Autor(in) Laurent Bonzon
Jahr2012 -
Autor(in) Paul Mathieu
Jahr2012 -
Autor(in) Lore Bacon (Florence Becanne)
Jahr2013
Auszeichnungen
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Jahr 2011
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Jahr 2012
Weblinks
Fotogalerie
Zitiernachweis:
Jehin, Ludivine: Carla Lucarelli. Unter: , aktualisiert am 21.11.2024, zuletzt eingesehen am . -