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Foto: Alain Atten


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© Wolfgang Osterheld/Collection CNL

Alain Atten

Luxemburg

Alain Atten wuchs in Wilwerwiltz und Esch/Sauer auf. Er besuchte das Gymnasium in Diekirch und das Lycée de garçons in Luxemburg, wo er 1957 Abitur machte. 1957-1958 besuchte er die Cours supérieurs in Luxemburg. Von 1960 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 arbeitete er als Archivar am Luxemburger Nationalarchiv. Zwischen 1975 und 1979 absolvierte er zudem ein Geschichts- und Germanistikstudium an der Universität Trier.

Alain Atten ist in erster Linie Historiker und Sprachwissenschaftler, später aber auch Autor von Theaterstücken und erzählenden Prosawerken. Seit den 1960er Jahren veröffentlichte er zahlreiche landesgeschichtliche, lokalhistorische, linguistische und literaturwissenschaftliche Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften, u. a. in Luxemburger Wort, Die Warte-Perspectives, d'Lëtzebuerger Land, Revue, Galerie, Hémecht, Ons Stad, Les Cahiers lorrains und in lokalen Festbroschüren. Sein Interesse gilt der Kulturgeschichte Luxemburgs und Nordfrankreichs, wobei sich Atten entschieden für den Erhalt altluxemburgischen Brauchtums und religiöser Traditionen einsetzt. Gemeinsam mit René Muller schrieb er im Cliärrwer Kanton von 1986 bis 1995 die Rubrik Eis Kiirchepatréiner. 1987 sprach Atten den Text zum Film Klibberkleeschenschuebermaischenallerherrgottsnationalsprangkiermes von Paul Scheuer und Maisy Hausemer.

Der Schwerpunkt von Attens Arbeit gilt der Dokumentation und dem Erhalt regionaler luxemburgischer Sprachvarianten. Zwischen 1963 und 1966 veröffentlichte er in der Zeitschrift Katho'lesch Aktio'n seinen volkskundlichen Zettelkasten De Sproochmaates, in dem er an alte luxemburgische Begriffe erinnerte. 2010 und 2013 erschienen unter dem gleichen Titel Buchausgaben mit weiteren Begriffserklärungen. In den RTL-Radiosendungen De Radiosdixionär und De Sproochmates erläuterte er alte Luxemburger Ausdrücke. Seit 1970 war er Mitglied der Luxemburger Wörterbuchkommission. Neben dem Luxemburgischen interessierte sich Alain Atten ebenfalls für die grenznahen französischen und belgischen Dialekte. Er veröffentlichte eine sprachwissenschaftliche Studie mit einem Wörterbuch über den wallonischen Dialekt der Dörfer Doncols und Soller und das Hörspiel Jeanne de Domremy (1988) in altfranzösischem Dialekt. Als Literaturwissenschaftler beschäftigte sich Alain Atten mit den Anfängen der luxemburgischsprachigen Literatur im 19. Jahrhundert. Er gab kommentierte Neuausgaben heraus vom Gedicht D'Léierchen von Michel Rodange und vom Theaterstück Mumm Séis von Dicks. Desweiteren legte er mit der Herausgabe einer Konkordanz des Yolandaepos' einen Beitrag zur mittelalterlichen Sprachgeschichtsforschung vor.

Bereits seit den sechziger Jahren trat Atten auch mit eigenen literarischen Produktionen an die Öffentlichkeit. Dabei bleibt sein literarisches Schaffen stets eng mit seinen linguistischen und historischen Interessen verbunden. Als Übersetzer übertrug er 1965 Teile des Neuen Testaments ins Luxemburgische (Luxemburger Wort) und veröffentlichte 2000 eine luxemburgische Version von Wilhelm Buschs Max und Moritz unter dem Titel De Max an de Miz (2000, 2014 unveränderte Neuauflage).

Als Theaterautor behandelt er bevorzugt Themen aus der Luxemburger Geschichte. Seine bekanntesten Stücke sind Dien ungefloifte Gaascht (1964), Iwwert eis Kraaft (1966), Hei beim Kräitz(1983), D'Jonggesellekëscht (1983), Polferkäpp (1991) und Di Huser Beck. Klëppelkréichsspill (1994). In den 1990er Jahren erschienen drei seiner Stücke in der Zeitschrift Galerie, De Wollef aus dem Bësch (1990) D'Klëppele bei d'Tromm 1795 (1995) und Wämper Klëppelspill 1798 (1998), wodurch sie über die Zeit ihrer Aufführung hinaus einer breiteren Leserschaft zugänglich wurden. Alle drei Bühnenwerke sind typische Vertreter von Attens Schreiben: Die Ereignisse spielen sich oft in wenigen, dramatischen Stunden an einer für das Land Luxemburg bedeutenden Schnittstelle im Spätmittelalter bzw. der Frühen Neuzeit ab, in denen die Einwohner versuchen, sich gegen eine Übernahme von außen zur Wehr zu setzen. So beschreibt De Wollef aus dem Bësch den Verkauf Luxemburgs durch Elisabeth von Görlitz an die Burgunder (1443), während D'Klëppele bei d'Tromm und Wämper Klëppelspill die Eroberung Luxemburgs durch die französischen Revolutionstruppen im Jahr 1795 und die anschließenden erfolglosen Bauernaufstände im Wälderdepartement zum Thema haben.

Neben Bühnenstücken schrieb Atten auch eine Operette, De Päärdsdéif (1991), die von Pierre Nimax vertont wurde, und das Kindermusical D'Ginzefrächen (1991), mit Musik von Jacques Neuen. Er verfasste den Text zur Bildergeschichte De Klëppelkrich a Biller, mit Illustrationen von Marcel Scheidweiler (1998), sowie das Drehbuch des Dokumentarfilms 1000 Joer Buerg Clierf, der 2017 erschien. Seine Theaterstücke und dialogreichen Prosawerke zeichnen sich durch eine Fülle lokaler Mundarten aus; der Autor unterscheidet nicht nur zwischen regionalen Dialekten, sondern arbeitet selbst subtile Unterschiede zwischen einzelnen Dörfern, von allem in seinem heimatlichen Ösling, heraus. Diese Herangehensweise lässt sich von Attens ersten Freilichtspielen (Käercher Buergspiller 1962-1964 und Éisleker Fräiliichtspiller Clierf 1965) bis zu seinen späteren Prosawerken verfolgen. Daneben ist die konsequente Verwendung alter, heute nicht mehr gebräuchlicher luxemburgischer Ausdrücke ein zentrales Merkmal seines Werkes, so etwa in dem Gedichtband Néierewou (1992), illustriert von Pe'l Schlechter, in dem er den Niedergang der Ortschaft Meysemburg literarisch festhält, aber auch in seinem ersten Kurzkrimi das Kuebennascht (2014).

Seit den späten 2010er Jahren tritt Atten vornehmlich als Autor historischer Erzählungen in Erscheinung. Die Novelle Alle véierzéin (2018) ist in einer alt-mosellanischen Dialekten nachempfundenen Kunstsprache verfasst, in die er Ausdrücke eines altfranzösischen lothringischen Dialektes einfließen lässt. Die Gedanken eines spätmittelalterlichen Handwerkers, der sich in Berburg mit dem Schnitzen von vierzehn Heiligenstatuen beschäftigt, bilden die Rahmengeschichte, im Mittelpunkt steht jedoch die Gestalt der Johanna von Orleans, mit der sich Atten in seinen Forschungen eingehend befasst und die sich in der Erzählung als Patentante des jungen Handwerkers herausstellt. Seine zweite Novelle Déi Säit dem Scheet (2019), die zur Zeit der Hexenverfolgungen in Luxemburg spielt, ist vorwiegend im Dialekt von Esch/Sauer gehalten. Die Geschichte handelt von einem Mann aus Esch/Sauer, der als Junge Zeuge eines Mordes wurde, aus dem Land fliehen musste und nun in seine Heimat zurückkehrt, in der Gewalt und Hexenwahn herrschen. Auch seine dritte Novelle, D'Hobitz (2020), ist im Luxemburg der Frühen Neuzeit angesiedelt. Atten zeichnet drei Tage im Winter 1593 nach, als Philipp von Nassaus niederländische Truppen das Ösling überfallen. Einem ehemaligen Kanonier aus Michelau gelingt es, gemeinsam mit seiner Verlobten die titelgebende Kanone der Angreifer zu entwenden und die Einwohner der auf dem Weg nach Diekirch liegenden Dörfer zu warnen. Die Handlung wird von szenischen Dialogen im Dialekt der Mittelsauer getragen und stellt, wie Attens frühere Theaterstücke und Novellen, einen unerschrockenen, aufrechten Protagonisten in den Vordergrund, der mit Mut und Tatkraft seine Heimat gegen fremde Mächte und korrupte, lokale Machthaber verteidigt. Illustrationen von Luana Maggipinto und Fotografien von Luc Marteling veranschaulichen die Handlung, eine Zeittafel und Auflistung der verwendeten Mundarten vervollständigen das Buch. 2022 erschien mit Do uewe läit eent ein zwölfseitiger Krimi über die Zeit der Französischen Revolution.

1993 wurde Alain Atten mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet. Für seine Verdienste um die Luxemburger Sprache erhielt er 1997 die silberne, und 2021 die goldene Dicks-Rodange-Lentz Plakette der Aktioun Lëtzebuergesch. 2011 wurde sein Buch De Sproochmates mit dem Lëtzebuerger Buchpräis prämiert. 2023 erhielt er den Nationale Präis fir d'Verdéngschter ëm d'Lëtzebuerger Sprooch.

Dieser Artikel wurde verfasst von Sandra Schmit

Veröffentlichungen

Sonstige Mitarbeit

Mitarbeit bei Zeitungen

  • Titel der Zeitschriften
    Cahiers lorrains (Les). revue trimestrielle de recherches régionales
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Cliärrwer Kanton (De) / DCK
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Galerie. Revue culturelle et pédagogique
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Hémecht / Ons Hémecht / 'T Hémecht
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Katho'lesch Aktio'n. fir e chrëschtlecht a sozialt Engagement
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Lëtzebuerger Land (d') / d'Letzeburger Land / LL. unabhängige Wochenschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Luxemburger Wort / d'Wort / LW
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Ons Stad. éd. par l'administration communale de la Ville de Luxembourg
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Revue / Lëtzebuerger illustréiert Revue
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Tageblatt / Escher Tageblatt = Journal d'Esch. Zeitung fir Lëtzebuerg
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Warte (Die) = Perspectives. Supplément culturel du Wort
    Verwendete Namen
    Alain Atten
  • Titel der Zeitschriften
    Zack
    Verwendete Namen
    Alain Atten

Sekundärliteratur

Auszeichnungen

Mitgliedschaft

  • Académie nationale de Metz
  • Institut grand-ducal Section de linguistique, de folklore et de toponymie (1935-97)
  • Luxemburger Wörterbuch (Jahr 2000)
  • RTL / Radio Luxemburg

Archiv

  • CNL L-111
Zitiernachweis:
Schmit, Sandra: Alain Atten. Unter: , aktualisiert am 09.01.2024, zuletzt eingesehen am .