Norbert Jacques
Norbert Jacques stammt aus einer Kaufmannsfamilie. Nach dem Abitur am Gymnasium in Diekirch begann er ein Jurastudium an den Cours supérieurs und an der Universität Bonn, das er jedoch abbrach, um als Journalist in Beuthen, Berlin und Hamburg zu arbeiten. Er schrieb regelmäßig für das Feuilleton der Frankfurter Zeitung und für Literaturzeitschriften wie Hyperion, Die Rheinlande, März, Die Neue Rundschau, Die Aktion oder Die Weißen Blätter. Norbert Jacques, der sich auch als Landwirt, Obstbauer und Fischzüchter versuchte, brach zu mehreren ausgedehnten Reisen in Europa auf, bis 1907 Brasilien zum Initiationserlebnis wurde. Von 1912 bis 1914 folgte eine Expedition um die ganze Welt, die ihn über Ceylon, Macao und Sumatra nach Ozeanien und China führte. Dort unternahm er eine Bootsfahrt den Jangtsekiang hinauf bis an die Grenze Tibets und segelte anschließend mit einem Frachtschiff von Australien nach Peru. Chile, die argentinischen Pampas und Rio de Janeiro waren weitere Stationen. 1924 war er als Berater einer Filmfirma wieder in Brasilien, 1928 durchritt er die Anden von Ecuador bis Kolumbien. Daneben besuchte er Panama, Venezuela, die Antillen und Curaçao. 1929 durchquerte er Afrika per Schiff, Eisenbahn und Jeep von Ägypten bis zum heutigen Namibia. 1931 folgte, gemeinsam mit Fritz Lang, eine Reise in die Türkei. In all diesen Jahren arbeitete Norbert Jacques als freischaffender Romancier, Reiseschriftsteller, Journalist, Essayist, Drehbuchautor und Rezensent. Das letzte Lebensjahrzehnt verbrachte er abwechselnd in Hamburg und am Bodensee, wo er sich Anfang der 1920er Jahre auf einem Bauernhof in Schlachters bei Lindau niedergelassen hatte.
Norbert Jacques schrieb 55 Romane, veröffentlichte Erzählungen, Gedichtbände, Essays, Reiseskizzen und Rezensionen und war Herausgeber, Übersetzer und Texter von Fotobänden. Einen ersten literarischen Erfolg erzielte er mit dem Roman Funchal, in dem er sich gegen Intoleranz und rassistische Vorurteile stellte. Sein zweiter Roman Piraths Insel thematisierte die Zivilisationsmüdigkeit ebenso wie der Roman Landmann Hal, in dem die ländliche Idylle als Chance zur Erneuerung der Nachkriegsgesellschaft gezeichnet wird. 1921 traf Norbert Jacques mit seinem Kriminal- und Gesellschaftsroman Dr. Mabuse, der Spieler den Zeitnerv, als er im Sinnbild des verbrecherischen Spielers und despotischen Hypnotiseurs die Verführbarkeit der Massen darstellte. Danach folgten Kriminalromane wie Ingenieur Mars, Mensch gegen Mensch oder Plüsch und Plümowski, exotische Abenteuerromane wie Der Kaufherr von Shanghai, Der Feueraffe oder Mann und Teufel, die Norbert Jacques' genaue Länderkenntnisse dokumentierten, sowie Reisebücher wie Auf dem chinesischen Fluß, Südsee oder Afrikanisches Tagebuch. Der Biografie Schillers ist der Roman Leidenschaft gewidmet. Die Autobiografie Mit Lust gelebt beleuchtet in chronologischer Abfolge alle wichtigen Stationen in Norbert Jacques' Leben und Werk bis 1930 und entwirft ein Bild der Kultur- und Sozialgeschichte Deutschlands und Europas zwischen 1901 und 1930. Die Neuausgabe von 2004 ist ergänzt um die Zeitspanne Vorkriegszeit bis Ende der 1940er Jahre.
Von besonderem Interesse sind Norbert Jacques' Beziehungen zu Luxemburg. Er setzte sich wiederholt literarisch mit seiner Heimat auseinander, z. B. im Roman Der Hafen, in dem er die gespannten Beziehungen zum Elternhaus und zu Luxemburg darstellt. Auch Die heilige Lant, Die Pulvermühle und Mit Lust gelebt zeugen vom zwiespältigen Verhältnis Norbert Jacques' zu Luxemburg, das aus einer Folge von Krisen entstand, die sich zwischen dem um 1900 freiwillig gefassten Entschluss zum Exodus und dem um 1950 behördlich verordneten Landesverweis abspielten und in dem Wechsel der Staatsangehörigkeit Anfang der 1920er Jahre widerspiegelten. Während des Ersten Weltkrieges fungierte Norbert Jacques dank eines luxemburgischen Passes als Kriegsberichterstatter und veröffentlichte Berichte über den Krieg in Belgien, Holland, Frankreich und England, wobei ihm die Parteinahme für Deutschland in Luxemburg verübelt wurde und Verachtung, Ablehnung und Boykott zur Folge hatte, trotz des Versuchs einer Rehabilitierung Anfang der 1920er Jahre durch junge Luxemburger Intellektuelle wie Albert Hoefler und Pol Michels. Norbert Jacques erwiderte die negative Rezeption mit einer demonstrativ herausgestellten Verbundenheit mit Luxemburg in seinen literarischen Werken, kritisierte aber auch mit ironischer Distanz die Luxemburger Verhältnisse. Für ihn war Luxemburg als Land zwischen zwei Völkern und zwei Sprachen geprägt von Provinzialismus, Konservatismus und Klerikalismus. Dem Roman Die Limmburger Flöte, der in der Tradition Rabelaisscher Grotesken stand, warf man eine verzerrte Darstellung Luxemburgs vor.
Mit dem politischen Erstarken des Nationalsozialismus in Deutschland veränderte Norbert Jacques ab 1931 seine zuvor radikale Sichtweise auf Luxemburg, und er versuchte, ein gegenseitiges Verständnis in nationalen Fragen zu fördern. 1934 wurde er mit der Herausgabe von drei für den ausländischen Tourismus bestimmten Foto-Führern über Luxemburg beauftragt. Auch verschaffte er seinen Töchtern über Luxemburger Freunde die luxemburgische Staatsangehörigkeit, seine jüdische Ehefrau Grete Samuely ging nach der Scheidung via Luxemburg ins amerikanische Exil. Norbert Jacques selbst konnte sich trotz verschiedener Repressalien wie einer 14-tägigen Gestapohaft und eines zeitweiligen Schreibverbots nicht zur Emigration entschließen. Im Mai 1940 stellte er sich in den Dienst der reichsdeutschen Kulturpropaganda in Luxemburg und gab 1941 linientreue Stellungnahmen in deutschen Zeitungen zur Luxemburg-Frage ab: Luxemburg. Altes deutsches Land in Rheinland in Wort und Bild und Die Luxemburger und ihre Sprache in Das Reich. Auch ging Norbert Jacques in den Jahren 1940, 1941 und 1943/44 auf Einladung der Gesellschaft für Literatur und Kunst (Gedelit) auf drei Vortragstourneen in 17 Luxemburger Ortschaften. Nach 1945 wurde er der Kollaboration, germanophiler Hetze, Denunziation und des Landesverrats bezichtigt. Es folgte eine viermonatige Untersuchungshaft im Staatsgefängnis und schließlich, ohne offizielle Anklageerhebung, eine Ausweisung im Juli 1946.
Die daraus erfolgende Tabuisierung der Person Norbert Jacques' in Luxemburg hielt bis über seinen Tod an. Auch in Deutschland geriet Norbert Jacques, dessen Bücher hohe Auflagen erfahren hatten und u. a. ins Französische, Niederländische, Schwedische und Englische übersetzt worden waren, weitgehend in Vergessenheit. Bekannt hingegen ist die Verfilmung des Dr. Mabuse durch Fritz Lang aus dem Jahr 1921. Die Mabuse-Romane werden bis heute wiederholt aufgelegt.
Veröffentlichungen
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Titel Im Banne. GedichteJahr1901
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Jahr1903
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Jahr1909
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Titel Der Hafen. RomanJahr1910
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Jahr1911
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Jahr1915
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Jahr1915
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Jahr1916
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Titel Piraths Insel. RomanJahr1917
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Jahr1918
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Titel Der TrotzturmJahr[1919]
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Titel Landmann Hal. RomanJahr1919
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Titel Siebenschmerz. RomanJahr1919
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Titel Die heilige Lant. RomanJahr1920
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Jahr[1921]
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Jahr1921
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Jahr[1921]
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Titel Die Pulvermühle. RomanJahr1922
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Titel Die Zwei in der SüdseeJahr1922
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Titel Mariens Tor. ErzählungenJahr1922
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Titel Orlac's HändeJahr1922
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Jahr[1922]
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Titel Südsee. Ein ReisebuchJahr1922
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Jahr1923
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Titel Ingenieur Mars. RomanJahr1923
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Jahr1924
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Jahr1924
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Jahr1925
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Jahr[1925]
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Titel Ins MorgengrauenJahr1925
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Titel Neue BrasilienreiseJahr1925
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Jahr1926
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Titel Der Feueraffe. RomanJahr1926
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Jahr1926
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Jahr1926
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Jahr1927
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Jahr1927
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Jahr1927
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Jahr1928
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Titel Das Tigerschiff. RomanJahr1929
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Jahr1930
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Jahr1930
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Titel Gold in Afrika. RomanJahr1931
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Jahr1931
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Titel Mann und Teufel. RomanJahr1934
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Titel Afrikanisches TagebuchJahr1936
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Jahr1936
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Jahr[1936]
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Jahr1937
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Jahr1938
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Jahr1939
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Jahr1939
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Jahr1940
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Jahr1942
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Jahr1943
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Jahr[1945]
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Titel Am Rande der Welt. RomanJahr1947
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Jahr1949
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Titel Kleine Reise am BodenseeJahr[1949]
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Jahr1949
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Jahr1950
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Jahr1950
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Titel Tsetse. Ein Afrika-RomanJahr1950
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Titel Bei einem Wirte wundermild. Eine Reise von Nord nach Süd zu Hotels und Gaststätten eigener ArtJahr1955
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Jahr[1955]
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Jahr1994
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Jahr1995
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Jahr2004
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Jahr2022
Übersetzungen
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Titel De globeSprache DUT
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Titel Doktór Mabuse. Demon grySprache POL
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Sprache YID
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Sprache RUS
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Sprache DUT
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Sprache DUT
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Titel Dr. Mabuse, hráč. RománSprache CZE
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Titel Dr. Mabuse, le joueurSprache FRE
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Sprache ENG
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Sprache LAV
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Sprache DUT
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Titel Kupiec z SzanghajuSprache POL
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Sprache FRE
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Sprache DUT
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Sprache SWE
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Sprache POL
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der ZeitschriftenAktion (Die). Wochenschrift für Politik, Literatur und KunstVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenFrankfurter ZeitungVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenHyperion. eine ZweimonatschriftVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenMärz. Wochenschrift für deutsche KulturVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenMoselland. kulturpolitische MonatshefteVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenNeue Luxemburger Kalender (Der). Eine Publikation von Tony JungblutVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenReich (Das). deutsche WochenzeitungVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenRheinland in Wort und Bild. Monatsschrift für Landschaft u.Verkehr, Volkstum und KulturVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenRheinlande (Die). Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am RheinVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenTage-Buch (Das). Hrsg. Stefan Grossmann und Leopold SchwarzschildVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der ZeitschriftenTouring Club luxembourgeois. alliance pour propager le tourisme dans le Grand-DuchéVerwendete NamenNorbert Jacques
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Titel der Zeitschriftenweißen Blätter (Die). soziologische Probleme der GegenwartVerwendete NamenNorbert Jacques
Sekundärliteratur
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Autor(in) Martin Blum
Carlo Hury
Jahr1902-1932; reprint 1981 -
Autor(in) B.W. (Batty Weber)
Jahr1909 -
Autor(in) Franz Clement (Frantz Clément)
Jahr1910
Mitgliedschaft
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Bund rheinischer Dichter (Koblenz)
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Gedelit
Archiv
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CNL L-089
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- Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsaß Saarbrücken
Weblinks
Fotogalerie
Zitiernachweis:
Mannes, Gast: Norbert Jacques. Unter: , aktualisiert am 07.08.2024, zuletzt eingesehen am . -