Pol Michels
Zwischen 1909 und 1916 besuchte Pol Michels das Athenäum. Nach dem Abitur studierte er von 1916 bis 1921 Literatur und Jura an den Universitäten Berlin, München, Nancy und Paris. Danach begann er seine juristische Karriere, zunächst als Rechtsanwalt und ab Januar 1928 als Ergänzungsrichter. Von 1929 bis 1934 amtierte er als Friedensrichter in Esch/Alzette und danach in Luxemburg, wo er 1935 Bezirksrichter wurde. Nach dem Einmarsch der Deutschen 1940 blieb Pol Michels in seiner Funktion als Richter weiter tätig, zunächst beim Friedensgericht und dann beim Amtsgericht Luxemburg. Der vormals als Nazigegner bekannte Michels trat am 20. September 1940 in die Volksdeutsche Bewegung (VdB) ein und übernahm die Funktion als Fachgruppenwalter des deutschen Rechtswahrerbundes in Luxemburg. Zudem war er seit Oktober 1940 Mitglied der Gedelit, der Gesellschaft für Literatur und Kunst. 1942 trat er in die NSDAP ein und wurde Ratsherr der Stadt Luxemburg sowie Soldatenbetreuer und Personaldelegierter des Kreisleiters. Nach der Befreiung Luxemburgs wurde er im September 1944 inhaftiert und als Richter abgesetzt; ihm wurde der Prozess wegen Deutschfreundlichkeit und Kollaboration gemacht. Am 27. Februar 1946 wurde er zu einer sechsjährigen Haftstrafe, einer Zahlung von 250.000 Franken und zur Aberkennung seiner Pensionsrechte sowie der Luxemburger Nationalität verurteilt. Am 18. März 1949 wurde die Gefängnisstrafe auf drei Jahre herabgesetzt.
Pol Michels gehörte ab 1917 zu einer aktivistisch-avantgardistischen Verbindung junger Luxemburger Intellektueller, die sich unter der Bezeichnung Cénacle des extrêmes zusammenfanden. Dabei erwies er sich als Anhänger des Futurismus und des Expressionismus, was sich niederschlug in vielen Beiträgen in der linkspolitischen Studentenzeitschrift La Voix des Jeunes und in den Jahrbüchern der AGEL/ASSOSS sowie in den sozialdemokratisch und gewerkschaftlich orientierten Zeitungen wie Die Schmiede, Escher Tageblatt, Die soziale Republik, Der Proletarier und Die Volkstribüne.
Während seiner Studentenzeit zwischen 1916 und 1921 griff Pol Michels in die expressionistische Diskussion als eifriger Zuträger mehrerer internationaler avantgardistischer Literaturzeitschriften ein. In seinen Beiträgen zeichnete er sich durch einen radikalen Pazifismus und Internationalismus aus, der auf einer europäischen Grundeinstellung beruhte. In deutschen Zeitschriften wie Die Aktion, Die Erde, Der Gegner, Der Strom oder Menschen publizierte er politische und kulturpolitische Gedichte, Pamphlete, Rezensionen sowie politische Grundsatzartikel, in denen er sich für die Vorbereitung einer internationalen Revolution einsetzte. Aus dieser Zeit stammten Michels' Verbindungen zu Franz Pfemfert, Ivan Goll, Karl Otten, Alfred Vagts, Walter Rilla, Wieland Herzfelde, Julian Gumperz u. a. Seine Rolle als bürgerlicher Intellektueller in der Auseinandersetzung mit den Arbeiter-Räten und den pazifistisch orientierten Sozialisten wurde in Deutschland in den 1970er und 1980er Jahren kritisch beleuchtet, seine Aussagen in der Diskussion um das Verhältnis des Intellektuellen zum Proletariat als wichtige Stimme gewertet.
In Paris trat Pol Michels um 1920 in Verbindung zu den Dadaisten und späteren Surrealisten. Als Übersetzer expressionistischer deutscher Texte erschien er neben Clara Malraux in der von Florent Fels gegründeten Pariser Zeitschrift Action und fungierte als Korrespondent deutscher Literaturzeitschriften. Daneben veröffentlichte er auch in der pazifistischen Zeitschrift Les Humbles eine Reihe von Texten, die vorrangig dem Politischen, aber auch dem Literarischen und Ästhetischen verpflichtet waren. Gleichzeitig griff er in Luxemburg in die politische und soziale Diskussion ein durch Veröffentlichung vieler Beiträge in den Organen der neugegründeten Kommunistischen Partei Luxemburgs wie Der Kampf und Der Junge Kommunist.
Als Vermittler zwischen den europäischen Großstädten Berlin, München, Paris und Luxemburg war Michels ein Multiplikator und wesentlicher Akteur im Kulturtransfer zwischen Deutschland und Frankreich. Mit seinen theoretischen, politischen und literarischen Texten hat er aktiv am dynamischen Austauschprozess zwischen den Avantgarden verschiedener Nationen teilgenommen. Wie bei Yvan Goll war die perfekte Beherrschung der deutschen und der französischen Sprache die Grundlage seiner Übersetzertätigkeit und Vermittlerarbeit zwischen deutscher und französischer Avantgarde. Als Grenzgänger war er offen für Europäer- und Weltbürgertum, sein Ideal war ein Europa der Verbrüderung. Aus diesem Selbstverständnis erwuchs sein Einsatz für Pazifismus und für die deutsch-französische Versöhnung.
Nach seiner Rückkehr nach Luxemburg vertrat Michels einen dezidierten linksbürgerlichen Kurs und veröffentlichte Erzählungen und Gedichte in Les Cahiers luxembourgeois und in selbständigen Publikationen. Der 1928 erschienene Erzählband Geschichten, der auch einige Gedichte enthält, wird von Poutty Steins Lied De Lëtzeburger Stodent eingeleitet. In der Tat drehen sich viele der skurril-ironisch-grotesken Kurzgeschichten um den Lebenskosmos verwöhnter Luxemburger Studenten in ausländischen Universitätsstädten, insbesondere München, während des Ersten Weltkrieges.
Michels‘ 1933 publizierter Gedichtband Panorama orientiert sich an Autoren wie Erich Kästner und Joachim Ringelnatz. Er enthält meist wehmütig-melancholische Gedichte über vergangene Lieben, einsame Menschen, triste Landschaften und Städte wie München, Paris und Esch/Alzette. Des Weiteren widmet Michels jeweils ein Gedicht der Ermordung des deutschen Schriftstellers und kommunistischen Aktivisten Gustav Landauer nach dessen Beteiligung an der Münchner Räte-Republik während der Revolution von 1918/1919 sowie der 1924 verstorbenen Großherzogin Marie Adelheid.
Der 1938 erschienene Erzählband Neue Geschichten, eingeleitet von Batty Weber, enthält zehn von der Neuen Sachlichkeit beeinflussten Erzählungen, die hauptsächlich in der Zeit während und nach dem Ersten Weltkrieg an unterschiedlichen Orten wie Esch/Alzette, Luxemburg oder auch Paris und Berlin spielen. Bei den dargestellten Charakteren handelt es sich um archetypische Luxemburger, die, so Michels, sich fundamental von den anderen Europäern unterscheiden und die von ihm mit einem scharfen Humor porträtiert werden.
Auch in Lötzeburger Leidd & Sâchen, einem in Luxemburgisch geschriebenen 1940 erschienenen Erzählband, geht Michels auf spöttische Weise auf die Lebenswelten junger Luxemburger Intellektuellen ein, die ihre Zeit in der Boheme genießerisch und ohne viel zu arbeiten vertrödeln. Das Buch wird eingeleitet von drei französischen Gedichten, die er seinen 1933 bzw. 1936 verstorbenen linksliberalen Freunden, dem Anwalt und Abgeordneten Tony Pemmers (†), dem Industriellen Jim Bofferding und dem Justizrat Jean Angel widmet.
Als einer der wenigen Luxemburger Autoren publizierte Michels literarische Werke während der NS-Besatzungszeit. In dem 1941 erschienenen Band Heimatgeschichten, eingeleitet von dem Gedicht Klage eines betrübten Dichters, schildert er in fünf längeren Erzählungen das pessimistische, von Resignation, Zynismus und Absurdität geprägte menschliche Dasein seiner Protagonisten. Das Buch enthält keinerlei Anspielung auf die NS-Ideologie, anders als die im Nationalblatt erschienene Kurzgeschichte Wie Hansbärend es schaffte. Die Veröffentlichung eines weiteren, bereits fertig gestellten Werks, des Kriminalromans Hotel Little Palace, ließ er während der NS-Besatzungszeit nicht mehr zu. Der unveröffentlichte Roman befindet sich in seinem Nachlass.
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis verlegte Michels sich auf eine anekdotenhafte Beschreibung kleinbürgerlicher Luxemburger Zustände; er war auch Mitarbeiter der satirischen Zeitung De Peck-villchen. In dem seinem 1955 verstorbenen Kameraden Poutty Stein gewidmeten Buch Schwepps, Schliri, Kasch und Konsorten erzählte Michels in amüsanten Episoden kurze Geschichten von unbekannten und bekannten Luxemburgern, so u. a. auch von den Autoren August Donnen, Batty Weber, Peter Faber und Nik Welter. Insgesamt zeichnete Michels in seinen Erzähl- und Gedichtbänden ein sehr eigenwilliges Bild Luxemburgs und seiner Einwohner.
Veröffentlichungen
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Titel GeschichtenJahr1928
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Jahr1933
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Titel Neue GeschichtenJahr1938
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Jahr1940
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Titel HeimatgeschichtenJahr1941
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Jahr1956
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Titel Choix de textes 1917-1922. Texte présenté et annoté par Gast Mannes. (Lëtzebuerger Bibliothéik ; 11)Jahr2004
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der ZeitschriftenAction. Cahiers de philosophie et d'artVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenAktion (Die). Wochenschrift für Politik, Literatur und KunstVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenAnnuaire de l'Association générale des étudiants luxembourgeoisVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenCahiers luxembourgeois (Les). revue libre des lettres, des sciences et des artsVerwendete NamenJean-Pierre Lippert
H P2 M
Pol Michels
Roger Lix
Neck -
Titel der ZeitschriftenErde (Die). illustrierte Monatsschrift für Länder- und Völkerkunde, Weltverkehr und KulturpolitikVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenGegner (Der)Verwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenHumbles (Les). revue littéraire des primairesVerwendete NamenPol Michels
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Titel der Zeitschriftenjunge Kommunist (Der)Verwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenJunge Welt. Literatur-Kunst-Sport-SchönheitVerwendete NamenPol Michels
Maripol -
Titel der ZeitschriftenKampf (Der). Wochenschrift der Kommunisten LuxemburgsVerwendete NamenJunius
Pol Michels
P.V. -
Titel der ZeitschriftenLuxemburger VolksbildungskalenderVerwendete NamenP.D.
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Titel der ZeitschriftenMenschen. Zeitschrift neuer Kunst = ClartéVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenNeue Luxemburger Kalender (Der). Eine Publikation von Tony JungblutVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenPeck-villchen (De). sengt a peckt all Woch fir 2 FrangVerwendete NamenJean Lippert
P.V. -
Titel der ZeitschriftenProletarier (Der). Offizielles Organ der freien Gewerkschaften LuxemburgsVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenSchmiede (Die)Verwendete NamenPier Vanäicken
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Titel der ZeitschriftenScout [FNEL]. organe officiel périodique de la FNELVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenSoziale Republik = République Sociale. Organ der Sozialistischen Partei LuxemburgsVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenStrom (Der)Verwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenTageblatt / Escher Tageblatt = Journal d'Esch. Zeitung fir LëtzebuergVerwendete NamenPol
Pol Michels
ls.
P. M-s.
Pitt
Neck -
Titel der ZeitschriftenTribüne (Die). Wochenzeitschrift für politisches und geistiges LebenVerwendete NamenP.M.
Emile Plosch
Pol Michels -
Titel der ZeitschriftenVoix des Jeunes (La) (Voix (La))Verwendete NamenPier Vanäicken
P.V.
P.D.
Pier Vanaichen
P. M-s.
Pol Michels
Pierre Vanäicken -
Titel der ZeitschriftenVolkstribüne (Die). Demokratisch-fortschrittliches Organ, vormals Luxemburger Bürger-ZeitungVerwendete NamenPol Michels
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Titel der ZeitschriftenZiegelbrenner (Der)Verwendete NamenP.M.
Sekundärliteratur
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Autor(in) Paul Henkes
Jahr1926 -
Autor(in) Batty Weber
Jahr1928 -
Titel Luxemburger Literaturbriefe [1928]. [1. Fortsetzung]. In: Obermosel-Zeitung 7.6.1928 & 9.6.1928Autor(in) Tony Kellen
Jahr1928
Mitgliedschaft
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ASSOSS/AGEL - Association générale des étudiants luxembourgeois (1912)
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Gedelit
Archiv
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CNL L-030
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ANLux EPU-01-13302, Michels Paul, 1941-1944 & CT-03-01-01552, Michels Paul, 1940-1954
Fotogalerie
Zitiernachweis:
Mannes, Gast/Weber, Josiane: Pol Michels. Unter: , aktualisiert am 19.08.2024, zuletzt eingesehen am . -