Germaine Goetzinger
Germaine Goetzinger besuchte die Grundschule in Düdelingen und das Lycée de jeunes filles in Esch/Alzette. Nach dem Abitur im Jahre 1966 machte sie die Lehrerausbildung am Institut pédagogique in Walferdingen, bevor sie von 1968 bis 1973 an der Universität Tübingen Germanistik und Geschichte studierte. Im Anschluss an die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt kehrte sie nach Luxemburg zurück, wo sie von 1973 bis 1976 am Lycée de garçons in Luxemburg das Referendariat absolvierte. Danach unterrichtete sie zwischen 1976 und 1995 am Lycée du Nord in Wiltz, am Lycée classique in Diekirch und am hauptstädtischen Athenäum Deutsch und Geschichte. Von 1995 bis 1999 war sie überdies Lehrbeauftragte für neuere deutsche Literaturwissenschaft am Centre universitaire in Luxemburg.
Gemeinsam mit Jul Christophory, Mars Klein, Roger Manderscheid und Cornel Meder gehörte sie einer von Kulturminister Robert Krieps ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe an, welche 1986 die Aufgaben eines Literaturarchivs in einem Memorandum festlegte. Daraus entstand 1995 das Centre national de littérature, dessen Leitung sie von 1995 bis 2012 übernahm und dessen Ehrendirektorin sie seit ihrer Pensionierung ist. In diesem Amt kuratierte sie mehrere Ausstellungen (u.a. 2, rue Emmanuel Servais, Dicks, De Michel Rodange - Op en Neis fotografëert, Kontakte-Kontexte, Hôtes de Colpach), gibt bis heute Editionen und wissenschaftliche Studien heraus und ist Herausgeberin des Luxemburger Autorenlexikons. Überdies engagiert sich Germaine Goetzinger im Literaturbetrieb, insbesondere seit den 1990er Jahren, im Bereich der Autorenförderung, der Stipendienvergabe sowie der Strukturreformen und übte diesbezüglich mehrere Funktionen und Ämter aus: Sie war Mitglied des leitenden Gremiums des Fonds culturel national (1998-2013), des Conseil national du livre (1998-2012), Präsidentin des Germanistenverbandes (1990-2000) und des Vorstandes des Centre universitaire (1999-2004). Zudem war sie Vorstandspräsidentin des Kasemattentheaters (2013-2015) und Präsidentin der Fondation Servais (2012-2022), deren Vorstandsmitglied sie seit der Gründung 1990 bis im Jahr 2022 war. Seit 2000 ist sie Mitglied des Institut grand-ducal, section des arts et des lettres und seit 2010 korrespondierendes, seit 2014 assoziiertes Mitglied der Académie nationale de Metz. Germaine Goetzinger war Mitglied des LSV und ist seit 2009 Mitglied der Schriftstellervereinigung PEN Deutschland. Für ihre Verdienste um die Professionalisierung des Literaturbetriebes in Luxemburg, um den Aufbau des Literaturarchivs und die Förderung der Luxemburger Literatur im In- und Ausland wurde sie 2011 mit dem vom ultimomondo-Verlag gestifteten Lëtzebuerger Bicherpräis ausgezeichnet. Einen Einblick in die Literaturszene gewährt Germaine Goetzinger im Sammelband Wuertwiertlech (2013), in dem sie eine Auswahl von Reden zu literarischen Preisen, Genres sowie zu Luxemburger Autoren und literaturgeschichtlichen Ereignissen in teils persönlichen Erinnerungen veröffentlichte.
Germaine Goetzinger ist als Literaturwissenschaftlerin germanistischer und luxemburgistischer Studien hervorgetreten. Sie veröffentlichte literaturwissenschaftliche Beiträge in ausländischen Fachpublikationen und in den Zeitschriften Arts et Lettres, De Cliärrwer Kanton, forum, Galerie, Hémecht, nos cahiers, Ré-création, Ons Stad oder abril. Mehrere Studien hat sie gemeinsam mit den Literaturwissenschaftlern Roger Muller, Gast Mannes und Frank Wilhelm veröffentlicht. In ihren Forschungsarbeiten überwiegen editionswissenschaftliche, sozialgeschichtliche und kulturwissenschaftliche Ansätze. In den 1980er Jahren überwog das Interesse an der Literatur des Vormärz (Charles Sealsfield) sowie am Verhältnis von Politik, Emanzipationsbewegungen und Literatur (Louise Aston, Therese Huber, Louise Dittmar, Julie Burow) um die Mitte des 19. Jahrhunderts. In den 1990er Jahren widmete sich Germaine Goetzinger, die bereits 1985 an den Clierwer Literaturdeeg teilgenommen hatte, zunehmend der Literatur aus Luxemburg; Schwerpunkte diesbezüglich bilden die Kulturtransferbeziehungen zwischen Luxemburger und ausländischen Autoren, das Werk von Dicks, Michel Rodange, Nik Welter, Norbert Jacques, Roger Manderscheid, Anise Koltz und Jean-Paul Jacobs, sowie der Stellenwert der luxemburgischen Sprache als Literatursprache und die Polyglossie-Situation. Diese Interessen ergänzte sie ab Ende der 1990er Jahre um Themen rund um die Shoa und das Exil im Zweiten Weltkrieg (Erlebtes - Erlittenes, Exilland Luxemburg, Auf unsicherem Terrain, Bretterwelten). Für diese Forschungsergebnisse und für ihren Einsatz wider das Vergessen, insbesondere jüdischer Schicksale (u.a. Hugo Heumann, Ernst Ising), wurde sie 2008 mit dem Prix René Oppenheimer ausgezeichnet.
Germaine Goetzinger beschäftigt sich mit feministischen Themen. Bereits ihre erste Publikation über die Vormärz-Schriftstellerin und Vorkämpferin der Frauenbewegung Louise Aston (1983) verweist auf das literatursoziologische und biografische Interesse an Themen einer Literatur- und Sozialgeschichte für Frauen. Schwerpunkte für eine Neuorientierung des literarischen Kanons und der Literaturgeschichtsschreibung bilden ihre Studien zu Aline Mayrisch und zum Colpach-Kreis sowie zu Emma Weber-Brugmann, Marie Henriette Steil und Anise Koltz. Dieses literaturhistorische Interesse hat Germaine Goetzinger ergänzt,um bildungshistorische Themen etwa zu Marie und Anna Speyer, um sozialgeschichtliche Aspekte der Frauengeschichte, wie das Leben der Luxemburger Dienstmädchen in Frankreich und Belgien, sowie zur Luxemburger Frauengeschichte, z. B. zum Verein für die Interessen der Frau. Dabei interessiert sie sich auch für die Konstruktion weiblicher Identität in Selbst- und Fremdzuschreibungen. Sie hat an mehreren Publikationen zur Frauengeschichte in Luxemburg mitgewirkt (Wenn nun wir Frauen auch das Wort ergreifen…) 2022 erschien die Biografie Aline Mayrisch-de Saint-Hubert. 1874-1947, in der Germaine Goetzinger aus teilweise bisher unveröffentlichten oder unbekannten Archivquellen das Leben Aline Mayrischs im Kontext der historischen und ideengeschichtlichen Entwicklung ihrer Zeit rekonstruiert.
Germaine Goetzinger wurde mehrfach für ihre Literaturforschung ausgezeichnet: 2000 mit dem Prix Lions, 2004 mit dem Rheinlandtaler und dem Prix culturel der Stadt Düdelingen, 2007 mit der Médaille Pierre le Grand und 2009 mit dem Bundesverdienstkreuz. 2023 wurde die Biografie Aline Mayrisch-de Saint-Hubert mit dem Luxemburger Buchpreis in der Kategorie Sachbuch ausgezeichnet.
Veröffentlichungen
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Jahr1983
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Jahr1997
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Jahr1999
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Jahr2000
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Jahr2002
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Jahr2007
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Jahr2009
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Jahr2011
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Jahr2013
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Jahr2022
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Jahr2023
Sonstige Mitarbeit
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Jahr1990
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Jahr1997
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Jahr2004
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Jahr2007
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Jahr2008
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Jahr2008
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Jahr2008
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Jahr2009
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Jahr2013
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Jahr2014
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Jahr2015
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Jahr2022
Mitarbeit bei Zeitungen
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Titel der ZeitschriftenGalerie. Revue culturelle et pédagogiqueVerwendete NamenGermaine Goetzinger
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Titel der ZeitschriftenLëtzebuerger Almanach. Red.: Georges Hausemer ; Gestalt.: Heng KetterVerwendete NamenGermaine Goetzinger
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Titel der ZeitschriftenRécré / Ré-création / Ausbléck. Magazine culturel de l'APESSVerwendete NamenGermaine Goetzinger
Sekundärliteratur
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Autor(in) Cornel Meder
Jahr1983/1984 -
Titel Louise Aston. Versuch einer Befreiung im 19. Jahrhundert. In: Kunststoff Nr. 21 (1984 I), S. 62-64Autor(in) Marie-Theres Gläser
Jahr1984 -
Autor(in)Jahr1991
Auszeichnungen
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Jahr 2004
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Name RheinlandtalerJahr 2004
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Jahr 2011
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Jahr 2019
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Jahr 2023
Mitgliedschaft
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Académie nationale de Metz
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CNLi - Conseil national du livre
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Conseil national du livre (CNLi)
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CPLL - Conseil permanent de la langue luxembourgeoise
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Fondation Servais
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Institut grand-ducal Section des arts et des lettres
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LGV - Luxemburger Germanistenverband
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LSV - Lëtzebuerger Schrëftstellerverband [1986-2016]
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PEN Zentrum Deutschland
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SLLGC - Société luxembourgeoise de littérature générale et comparée
Archiv
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CNL L-300
Weblinks
Fotogalerie
Zitiernachweis:
Conter, Claude D./Jacoby, Nathalie: Germaine Goetzinger. Unter: , aktualisiert am 29.01.2024, zuletzt eingesehen am . -